Historische Stätten des Motorrennsports – Leipziger Stadtparkrennen

Vor 50 Jahren fuhr man das letzte Rennen zwischen Weißer Elster und Pleiße

Haben Sie gewusst, dass das noch heute befahrene Frohburger Dreieck im Jahre 1960 entstanden ist, weil die Leipziger Motorsportfreunde eine Ersatzrennstrecke suchten? Von 1950 bis 1958 gab es nämlich in der Innenstadt von Leipzig einen Stadtkurs, der nun nicht mehr zeitgemäß war. Elf Rennen fanden in diesen neun Jahren statt. 1952 und 1956 gab es jeweils zwei Veranstaltungen. Doch der Reihe nach.

Streckenplan

Die Vereinigung Leipziger Motorradfahrer 1910 war vermutlich der erste eingetragene Klub Sachsens. Sie organisierten Zuverlässigkeits- und Zielfahrten und Turniere. Die jährlichen Sachsenfahrten zählten zu den Höhepunkten der zwanziger und dreißiger Jahre. Bahnrennen, bei denen zu dieser Zeit meist auch viele Straßenrennfahrer starteten, waren in Leipzig-Panitzsch an der Tagesordnung. Als nach dem Krieg die Technikbegeisterten auch wieder Motorsport betreiben wollten, gab es bald an jeder Ecke eine Rennstrecke. Zum einen gab es Rennen auf den zumeist wenig genutzten Autobahnen, zum anderen wollte man aber auch in die Nähe der Zuschauer, also organisierte man Stadtrennen. In Leipzig fanden die Motorsportler den idealen Ort rund um die Pferderennbahn im Süden Leipzigs unmittelbar ans Zentrum anschließend. Der offizielle Name war „Stadtpark-Rennen“. Der Tausendsassa der damaligen Zeit (heute würde man Promotor dazu sagen), Hubert Schmidt-Gigo, erfand noch den Werbezusatz „Rund um das Scheibenholz“, damit auch jeder Interessierte wusste, wo das Rennen stattfand. Die Idee den Kurs rund um das Waldgebiet „Die Nonne“ – kurzerhand „Rund um die Nonne“ zu nennen, fand dagegen keine Befürworter. Im Rennprogramm kommt zum Ausdruck, dass man schon seit über 25 Jahren ein Rennen in Leipzig fahren möchte, um sich im Reigen von Hamburg, Hannover, Köln und Nürnberg wiederzufinden, denn diese Städte trugen damals die namhaftesten Stadtrennen in Deutschland aus.

Erhard Krumpholz vor Horst Fügner, beide auf Werks-MZ 1956

Die 4,311km lange Strecke beginnt mit der zwölf Meter breiten und 500 Meter langen Start- und Zielgeraden auf der Wundtstraße. Nach zwei Kurven gibt es wieder eine 600 Meter-Gerade, ehe nach links in den Stadtpark abgebogen wird. Die Anton-Bruckner-Allee dort ist nur 7,5 Meter breit und mit 2 Doppelschikanen versehen. Anschließend an die lange Gerade des Nonnenweges, ebenfalls ein Parkweg, folgt eine S-Kurve über die Brücke eines Kanals mit Pflasterbelag. Nach einer weiteren Gerade auf dem Schleußiger Weg folgt dann noch die Zielkurve nach links. Es handelt sich vereinfacht gesagt um ein entgegen des Urzeigersinns gefahrenes Sechseck, wunderschön gelegen zwischen den Flüssen Weiße Elster und Pleiße.

Start der EMW-Silberpfeile beim 7. Leipziger Stadtparkrennen 1955

Schon 1950 wurden alle Klassen aufgeboten, von den Motorradfahrern über die Seitenwagensportler bis zu den Sport- und Rennwagenklassen. Immerhin wurden über 200.000 Zuschauer gezählt. Mit Bernhard Petruschke und Edgar Barth bei den Motorradfahrern und Willi Lehmann und Paul Greifzu bei den Wagen gab es dann ja auch prominente Sieger. Walter Gimpel, der im Auftrag der Leipziger Motorsportler den Hut auf hatte, konnte zufrieden sein und nach vorn blicken. 1951 als DDR-Meisterschaftslauf, wieder mit der gleichen Zuschauerresonanz, waren die überlegenen Kollektiv-Rennwagen im Fokus der Rennbesucher. Hier gewannen Ernst Rosenhammer und Kurt Baum. Nur in der Sportwagenklasse bis 2000ccm war dem Veritas von Theo Helfrich nicht beizukommen, aber der zweite und dritte Platz ging an die Kollektivisten. 1952 sollte alles bisher dagewesene übertreffen. Die Zuschauer teilten sich die beiden Veranstaltungen in zweimal 100.000 ein. In die Siegerlisten schrieben sich unter anderem Petruschke, Thorn-Prikker, Kläger, Barth, Ebersberger/Strauß, Knees, Bobek, Stuck, Rosenhammer und Lehmann ein.
1953 gewann ein gewisser Ernst Degner das Ausweis-Rennen der 125ccm-Klasse. Bernhard Petruschke gewann 1953 wie auch 1954 und 1955 wieder. Er schien die Rennstrecke für seine Klasse gepachtet zu haben.
1955 sank die Zuschauerzahl erstmals unter 100.000 und pendelte sich für die Folgejahre bei 80.000 ein.

Ritter/Ehrlich aus Speyer jagen 1957 vor Neußner/Hess aus Nürnberg durch die Leipziger Straßen

Es waren die Jahre der IFA-MZ, AWO, NSU und BMW bei den Motorrädern sowie Cooper und EMW bei den Wagen. 1956 mit gleich zweimaligem Meisterschaftsstatus gab es erstmals eine Beteiligung von Fahrern aus Übersee. In der 350ccm Klasse siegte sogleich Paul Fahey aus Australien auf AJS. Nun siegte Degner auch in der Lizenzklasse vor Fügner und Musiol. 1957: Während Ernst Degner wieder in der Lizenzklasse gewann und sich Karl Lottes mit der DKW vor Fügner und Musiol setzte, machte in der Ausweisklasse der Name Hartmut Bischoff die Runde. Kurt Ahrens sen. gewann mit dem Cooper die Formel III-Konkurrenz. Die Veranstaltung 1958 bot wiederum besten Sport. In der Seitenwagenklasse beherrschten die diesjährigen Weltmeister Schneider/Strauß das Rennen mit fast einer halben Minute Vorsprung vor Fath/Rudolf. Die Rennwagenrennen wurden von der Familie Ahrens gewonnen. Kurt Ahrens Senior und sein Junior gleichen Namens teilten sich die drei Siege. Die 125ccm Klasse wurde von den Werks-MZ mit Degner, Fügner, Brehme und Musiol beherrscht, denen Zimpel auf einer privaten MZ folgte. Dafür war die 250ccm Klasse bis zum 5. Platz in westdeutscher Hand. Hier siegte Falk auf Adler-RS vor Hallmeier (NSU-Max), Beer (Adler-RS), Reichert (NSU-Max) und Schneider (NSU-Max). Die Durchschnittsgeschwindigkeiten lagen 1958 um die 120 km/h.

Die Start- und Zielgerade heute

1958 als sportliche Großveranstaltung angekündigt, kamen erstmals „bei herrlichem Sommerwetter“ nur 35.000 Zuschauer. Der soeben gegründete Allgemeine Deutsche Motorsportverband (ADMV) forderte eine Zusammenlegung auf wenige Großveranstaltungen. Übrig blieben vorerst Schleiz, Sachsenring und Halle-Saale-Schleife als Straßenrennstrecken und Dresden, Bautzen und Bernau als Autobahnkurse. Das Organisations-Team um Walter Gimpel, der alle Rennen leitete, musste diese Pille schlucken, denn mit dem Sachsenringergebnis von 200.000 Zuschauern oder Schleiz mit über 50.000 konnte man sich nicht messen. Allerdings kamen auch nach Bautzen nur 15.000 Besucher, dort war jedoch der Aufwand der Organisation wesentlich geringer. 1960 auf dem Frohburger Dreieck war Gimpel sofort wieder zur Stelle, wenn auch nicht mehr als Rennleiter sondern als Sportkommissar. Die Bornaer Clubmitglieder wollten eigentlich schon 1951 in Frohburg ein Rennen veranstalten, hatten aber die Forderungen an die Strecke nicht erfüllen können. Und so behielt die Leipziger Region ihre Straßenrennstrecke bis zum heutigen Tag. Eines hat sich indes nicht verändert: auch heute ist jeder Rennbesucher in Frohburg herzlich willkommen und notwendig für den Erhalt der Strecke.

Die nicht mehr genutzte Kanalbrücke verfällt langsam
Die breiten Parkwege zeugen noch vom vergangenen Renngeschehen

2 Meinungen zu “Historische Stätten des Motorrennsports – Leipziger Stadtparkrennen

  1. Frank Schoenewolf sagt:

    Hallo , ich suche Fotos , Doc. zum Rennfahrer Werner Bemman aus Schkeuditz.
    Beim Leipziger Stadtparkrennen 1950 errang er in der Klasse C Motorräder bis 500 ccm (Ausweis) den zweiten Platz. Er fuhr einen MAG Eigenbau und hat auch an Rennen in Halle/Saale und im Raum Rostock/Stralsund teilgenommen.
    Der Motor seiner Rennmaschine war ein 2 – Zyl. V – OHV -Motosacoche – Motor.
    Vielleicht hat noch jemand ein Foto , ohne zu wissen, das Werner Bemman der Fahrer ist.

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