Neue ‚Balance of Performance‘, neues Glück? – Wohin führt der Weg der ADAC-GT-Masters?

Mit der Saison 2013 gehen die ADAC-GT-Masters in ihre siebente Saison. Nach einem zaghaften Beginn 2007 stieg die Rennserie in den letzten beiden Jahren mit bis zu 40 Supersportwagen in der Beliebtheit mancher Fans sogar noch vor die DTM, die als Marketinginstrument der deutschen Premiummarken zwar mitunter spannende Rennen liefert, allerdings unter der Oberfläche wenig Interessantes für den eingefleischten Motorsportfreund bietet: keine echten Privatteams, keine Entwicklung von Fahrzeugen ohne Werksunterstützung, viel künstlicher Eventcharakter und viel Markenpolitik.

Die erfolgreiche Formel der GT3-Sportwagen wurde im letzten Jahr überarbeitet, sodass die Hersteller und Tuner nun jährlich ihre Fahrzeuge neu homologieren dürfen. Zusätzlich wurde das maximale Handicapgewicht, das Profifahrerpaarungen im Fahrzeug platziert bekommen, um Chancengleichheit gegenüber den Amateurfahrern zu schaffen, von 60 auf 40 Kilogramm gesenkt. ADAC Sportpräsident Hermann Tomczyk kommentiert dies mit den folgenden Worten:

„Ob Mercedes-Flügeltürer, reinrassiger Renn-Porsche oder Dampfhammer aus den USA – das ADAC GT Masters bietet eine kaum zu überbietende Markenvielfalt und mit Sicherheit ist für jeden Fan etwas dabei. Zur neuen Saison wurde das Reglement noch einmal überarbeitet, damit die Rennen noch ausgeglichener und spannender sind. Durch die Optimierung der als ‚Balance of Performance‘ bezeichneten Fahrzeugeinstufung durch die FIA versprechen wir uns eine noch höhere Leistungsdichte.“

Ein Fahrzeug, das 2013 im Feld fehlt, ist beispielsweise der Chevrolet Camaro des sächsischen YACO-Teams. Statt auf den preisgünstigen Renner mit Kunststoff- statt Karbonhülle, setzt der Rennstall von Uwe Geipel nun einen konkurrenzfähigen (und wesentlich preisintensiveren) Audi R8 LMS ultra ein, was in Oschersleben prompt mit Platz vier im Samstagsrennen belohnt wurde. Ein weiteres ostdeutsches Team, die Schulze-Brüder aus Tagewerben, zog bereits während der Saison 2012 den Stecker. Ihr exotischer Nissan GT-R war der einzige seiner Art im ADAC-GT-Masters-Feld und nicht konkurrenzfähig. Ebenso fehlten in Oschersleben die beiden Alpina-BMW B6, immerhin das Meisterfahrzeug der Saison 2011. Mit einer kurzfristigen Herunterstufung beim Saisonfinale in Hockenheim 2012 platzten die Hoffnungen auf die Titelverteidigung. In der Folge verschwand das, ob seines Klanges beim Publikum beliebte, Fahrzeug über den Winter aus dem Feld. Bleibt zu hoffen, dass die neuen Regelungen zur ‚Balance of Performance‘ (BoP) mehr Transparenz schaffen und solche Vorgänge zukünftig verhindern.

Der Vergleich von 40 Fahrzeugen beim letztjährigen Saisonauftakt gegenüber deren 25 in diesem Jahr spricht eine deutliche Sprache. Das Ziel einer höheren Leistungsdichte in einer Klasse, in der es in der vergangenen Saison so eng zuging, wie in keiner anderen, wirkt nicht gerade überzeugend. Erst recht nicht, wenn man die Ergebnisse mit denen des letzten Jahres vergleicht. Waren es beim Zeittraining in Oschersleben 2012 noch 16 Fahrzeuge innerhalb einer Sekunde, so waren es dieses Jahr gerade noch 12.

Die Reduktion des Starterfeldes wird vom ADAC ganz offen mit der Professionalisierung des ADAC-GT-Masters begründet. Mehr Klasse statt Masse scheint das Motto zu sein. Die einst so beliebte Amateurwertung ist kaum noch eine. Gerade noch fünf Amateure finden sich unter den 50 Fahrern der Serie. Die Neuzugänge können sich dagegen sehen lassen: Markus Winkelhock (ex-F1, -DTM, ex-FIA-GT-Champ), Rahel Frey (ex-DTM), Gabriele Gardel (ex-FIA-GT-Champ) und Jörg Müller (ex-WTCC). Mit Heinz-Harald Frentzen startete in den vergangenen Jahren sogar schon ein F1-Vizeweltmeister in den GT-Masters. Neu ist dieser Grad an Professionalität also sicher nicht, die Masse dagegen schon. Aber kommt diese Professionalisierung auch bei den Fans an? Ist mit der DTM nicht schon eine deutsche Profirennserie vorhanden? Sollen die ADAC-GT-Masters vielleicht zur 1. Deutschen Liga aufsteigen, wenn die derzeit vorangetriebene Internationalisierung der DTM abgeschlossen ist? Meine persönliche Erfahrung ist, dass gerade die Mischung aus Profi und Amateur, die Mischung aus Premiumrennwagen und Exoten die ADAC-GT-Masters zu der Serie machten, die sie heute ist. Ähnliches findet man in der VLN-Serie, die von ihren Fans vor allem wegen der Diversität der Fahrer und der Fahrzeuge sowie der Größe und Tiefe des Fahrerfeldes geliebt wird. Die Macher der ADAC-GT-Masters haben sich gegen dieses Konzept entschieden und die Weichen in Richtung Professionalisierung gesetzt.

Es sind aber nicht nur die Serienveranstalter, die mehr Professionalität wollen. Vielmehr ist es eine zwangsläufige Entwicklung, sollen die steigenden Kosten gedeckt werden. Aber warum steigen die Kosten, wenn es doch eine ‚Balance of Performance‘ gibt, die gerade das verhindern soll, indem gewonnene Vorteile sofort wieder bestraft werden? LMS ultra heißt die letzte Ausbaustufe des Audi R8, FL2 die neueste des Lamborghini Gallardo. Porsche hat zu Saisonbeginn mit dem GT3 R nachgezogen. Der neue Porsche 911 GT3 R ist ein gutes Beispiel, um die die Entwicklung der Fahrzeuge seit 2006 nachzuvollziehen. War es doch der verhältnismäßig kostengünstige und weit verbreitete Porsche 911 aus dem Carrera-Cup, der damals als Referenzfahrzeug für die ‚Balance of Performance‘ Pate stand und unverändert in der GT3-Klasse eingesetzt werden konnte. Gegen den bulligen GT3 R wirkt ein Cup-Porsche heutzutage zahm wie ein Straßenfahrzeug.

Wenig aerodynamische Hilfsmittel an der Front, schmale Radhäuser - modifizierter Cup-Porsche anno 2008
Wenig aerodynamische Hilfsmittel an der Front, schmale Radhäuser – modifizierter Cup-Porsche anno 2008
Breite, entlüftete Radhäuser, rießiger Heckflügel - der Porsche 911 GT3 R anno 2013
Breite, entlüftete Radhäuser, rießiger Heckflügel – der Porsche 911 GT3 R anno 2013
Aerodynamisch optimierte Front, Entlüftungen über den Vorderrädern am GT3 R
Aerodynamisch optimierte Front, Entlüftungen über den Vorderrädern am GT3 R

Eines haben die Marken Porsche, Audi und Lamborghini gemeinsam: sie gehören zum VW-Konzern. Die Sportabteilungen und Tuner haben vor Saisonbeginn viele Kundenfahrzeuge auf den neuesten Entwicklungsstand gebracht. Ein gutes Geschäft, das sich dank des neuen FIA-Reglements nun jährlich einstellen könnte. Der Trend der GT3-Fahrzeuge zeigt, dass die ‚Balance of Performance‘ keineswegs ein Garant für die Eindämmung der Kosten ist, solange das Leistungsniveau nicht auch konsequent niedrig gehalten wird.

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