Ibergrennen findet zurück zu seinen Wurzeln – Alexander Hin siegt mit neuem Streckenrekord

Nach der Corona-bedingten zweijährigen Zwangspause zogen endlich wieder die Zelte und Wohnwagen der Bergrennsportler in die Straßen von Heilbad Heiligenstadt ein und mit ihnen der Motorensound der getunten Triebwerke. Das idyllische Fahrerlager mitten in der Stadt ist ein Novum im Kalender der deutschen Bergmeisterschaft und beherbergt Fahrer und Teams auf Parkplätzen und Fußwegen zwischen Hauseinfahrten und Vorgärten.

Auch die Verantwortlichen des MC Heilbad Heiligenstadt waren nach zwei vergeblichen Anläufen froh, endlich das 25. Jubiläumsrennen über die Bühne zu bringen. Unter dem Motto „zurück zu den Wurzeln“ besann man sich auf das wesentliche und verzichtete auf aufwändige Dinge wie zum Beispiel die Videoleinwand am Start oder einen aufwändigen Livestream für die Daheimgebliebenen. Vier Rennläufe hatte der Club für den Sonntag auf der nur etwas über zwei Kilometer langen Bergrennstrecke ausgeschrieben und dank der Wertung des Rennens zur Luxemburger Bergmeisterschaft durfte man sich außerdem über einige internationale Gäste freuen.

Auch der Gesamtsieger des letzten Ibergrennens im Jahr 2019, Alexander Hin, hatte sich mit seinem Osella PA30 angekündigt. Der Bauunternehmer aus dem Schwarzwald musste sich zwei Wochen zuvor beim Glasbachrennen nur dem amtierenden Europameister Christian Merli geschlagen geben und ging damit beim zweiten Lauf zur deutschen Bergmeisterschaft in Thüringen als klarer Favorit in den Wettbewerb. Im Training wurde Hin seiner Favoritenrolle gerecht und blieb sogar schon unter seinem eigenen Streckenrekord, den er vor drei Jahren aufgestellt hatte.

Im ersten Rennlauf am Sonntagmorgen bestätigte Alexander Hin seine Zeit aus dem Training und drückte den neuen absoluten Streckenrekord unter die 52-Sekunden-Marke auf 51,556 Sekunden. Der Zweitschnellste, Uwe Lang auf dem Vorgängermodell Osella PA20/S Evo, konnte mit 55,177 Sekunden nicht ansatzweise mithalten. Hinter dem Schweinfurter wurde es dann richtig spannend. Mit Francesco D´Acri, Canio Marchione, Frank Debruyne, Georg Lang und Stefan Armbruster lagen gleich fünf Fahrer innerhalb von acht Zehntelsekunden und konnten sich damit berechtigte Hoffnungen auf einen Podiumsplatz im Gesamtklassement machen.

Nach zwei etwas langsameren Auffahrten in Lauf zwei und drei legte Alexander Hin im letzten Durchgang noch einmal nach. In 51,290 Sekunden bezwang Hin den Holzweg vom Ortsausgang Heiligenstadt hinauf zum Forsthaus so schnell wie noch keiner vor ihm. Uwe Lang steigerte sich stetig und ließ sich mit 54,008 Sekunden seine Bestzeit ebenfalls in der finalen Auffahrt notieren. Damit waren die Plätze eins und zwei in der Gesamtwertung besiegelt, doch hinter den beiden routinierten Sportwagenpiloten wurde es spannend. Der zunächst sensationell an dritter Stelle geführte Francesco D´Acri in seinem leichten Sportwagen Elia Avrio mit 1000ccm-Motorradmotor mischte locker bei den ganz großen mit, ließ jedoch mit zwei schwächeren Läufen wertvolle Zeit liegen, während sich die Konkurrenz zum Teil deutlich zu steigern vermochte. Allen voran Stefan Armbruster, der als Neueinsteiger am Berg wie sein Freund Alexander Hin auf einen von Uwe Lang vorbereiteten Osella PA30 mit 3000ccm-Triebwerk vertraut. Um sage und schreibe zwei Sekunden konnte sich Armbruster schließlich auf 54,702 Sekunden im letzten Lauf steigern, was ihm knapp vor dem Italo-Luxemburger Canio Marchione den dritten Gesamtrang einbrachte. Marchione verpasste zwar knapp das Podest der Gesamtwertung, dafür durfte der ehemalige Tourenwagenpilot, der jetzt einen Osella P21 JRB steuert, den Pokal für den Klassensieg in der Wertung der Sportwagen bis 2000ccm mit nach Hause nehmen. Als Zweiter in dieser Klasse und Gesamtfünfter folgte schließlich Francesco D´Acri, der sich nach seinem starken ersten Lauf sicher mehr erhofft hatte.

In der Klasse der Rennwagen bis 2000ccm war für reichlich Spannung gesorgt. Zunächst sah alles nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Formel-3-Pilot Frank Debruyne und Georg Lang auf einem Formel Renault aus. Die beiden trennten nach dem ersten Lauf nur ganze sechs Hundertstelsekunden. Doch in den Durchgängen drei und vier fuhr überraschend Patrick Rahn im Dallara-Spiess die Klassenbestzeit. Ausgerechnet der Routinier Frank Debruyne zeigte am Start nerven und würgte den VW-Motor seines Dallara F316 ab. Mit über 20 Sekunden Verspätung konnte der Iberg-Sieger aus dem Jahr 2018 dann schließlich seine letzte Auffahrt beginnen, doch der mögliche Klassensieg war dahin. Patrick Rahn fand in seinem letzten Lauf noch einmal über zwei Zehntelsekunden und drückte seine persönliche Bestzeit auf 56,232 Sekunden. Georg lang konterte mit 56,772 Sekunden – zu wenig für den Klassensieg, den er um 0,240 Sekunden an Rahn verlor. Mit Marco Lorig konnte sich ein weiterer Rennwagenpilot stark in Szene setzen. Der Rookie aus dem Weserbergland legte die zwei Kilometer lange Strecke im letzten Wertungslauf erstmals unter 57 Sekunden zurück und sicherte sich damit den achten Platz im Gesamtklassement.

Im KW-Berg-Cup bis 2000ccm hatte Erwin Buck im VW Spiess Scirocco leichtes Spiel, nachdem Glasbach-Sieger Lars Heisel schon im ersten Lauf ohne Vortrieb am Opel Böhm Kadett liegen geblieben war. Ralph Paulick im Minichberger-Golf und Norbert Wimmer (BMW 2002 8V) im besten 8-Ventiler komplettierten das Podest.

Die Klasse bis 1600ccm wurde zur klaren Beute für Andy Heindrichs dessen Opel Wiebe Corsa, anders als vor zwei Wochen am Glasbach, diesmal den Renntag durchhielt.

Eine Überraschung gab es in der 1400ccm-Klasse, denn mit Tobias Mayer im VW Minichberger Scirocco gab ein Neueinsteiger das Tempo vor. Die Altmeister Jürgen Schneider und Franz Weißdorn konnten nicht mithalten, letzterer musste nach dem dritten Lauf mit Getriebeproblemen sogar gänzlich die Segel streichen. Thomas Pröschel belegte schließlich im VW Schneider Corrado den zweiten Platz in der Klassenwertung.

Einen überraschend schnellen Neueinsteiger gab es auch im NSU-Bergpokal. Jannik Hofmann, Sohn des mehrfachen NSU-Bergpokal-Siegers Steffen Hofmann schlug im Familienbuch ein neues Kapitel auf und trug sich sogleich mit einem Klassensieg ein. Auch sein erst kürzlich verstorbener Großvater Gerhard war über viele Jahrzehnte im NSU-Bergpokal aktiv.

Jannik Hofmann im NSU TT
Jannik Hofmann im NSU TT

Nicht nur mit dem Neustart des Ibergrennens dürfen die Clubmitglieder des MC Heilbad Heiligenstadt zufrieden sein. Rund um den Vereinsvorsitzenden und ehemaligen Motorradsportler René Raub hat sich in den letzten Jahren dazu ein junges Team etabliert, das den Bergrennsport auch fernab der Heimat tatkräftig voran bringt. Sascha Herz, der sonst selbst im Formel-3-Rennwagen sitzt und diese für Kunden vorbereitet, war bei seinem Heimspiel als Organisationsleiter im Einsatz. Rennleiter René Trautvetter hält nicht nur bei seinem Heimspiel die Fäden fest in der Hand, sondern ist auch beim Glasbachrennen für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Sein Vorgänger Kevin Ferner vertritt den deutschen Bergrennsport inzwischen bei der internationalen Sportbehörde FIA und begleitete sein Heimrennen am Wochenende erstmals am Mikrofon als Streckensprecher.

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