Start IRRC Supersport Rennen 2

IRRC und ESR legen Pläne für Straßenrennsport-Saison 2026 vor

Die Zukunft des Straßenrennsports in Europa nimmt konkrete Formen an. In den vergangenen Wochen präsentierten sowohl die International Road Racing Championship (IRRC) als auch die neu formierte European Series Road Racing (ESR) konkrete Pläne für die Motorsport-Saison 2026. Während sich die IRRC im kommenden Jahr mit den Klassen Supersport und Sportbike teilweise neu aufstellt, treten die Organisatoren der ESR die Nachfolge der nicht mehr ausgeschriebenen IRRC Superbike an. Auffällig ist, dass die beiden Rennserien mit jeweils sechs Rennveranstaltungen vier Wochenenden davon gemeinsam bestreiten werden. Die Saisonstationen der IRRC bleiben im Vergleich zu den beiden vergangenen Jahren unverändert. Nur bei den Rennen in Deutschland, auf dem Schleizer und dem Frohburger Dreieck, wird die ESR nicht mit antreten. In Hengelo, Imatra, Chimay und Horice wird die Superbike-Klasse dagegen unter neuem Namen weiterhin Bestandteil des Programms sein. Zusätzlich zur „Czech TT“ auf dem Straßenkurs von Horice im August fahren die ESR-Superbiker auch im Mai bei den „300 Kurven von Gustav Havel“ in der Tschechischen Republik um Meisterschaftspunkte. Da ein Deal für ein Rennen auf dem Schleizer Dreieck nicht zustande kam, wurde die „North West 200“ in Nordirland in der Woche nach dem Saisonauftakt in Hengelo zusätzlich in den Rennkalender der Premierensaison der ESR aufgenommen.

IRRC 2026ESR 2026
02.-03.05.2026Hengelo02.-03.05.2026Hengelo
04.-09.05.2026North West 200
23.-24.05.2026Horice (300 ZGH)
13.-14.06.2026Schleizer Dreieck
03.-05.07.2026Imatra03.-05.07.2026Imatra
25.-26.07.2026Chimay25.-26.07.2026Chimay
08.-09.08.2026Horice (Czech TT)08.-09.08.2026Horice (Czech TT)
19.-20.09.2026Frohburger Dreieck

Kommentar

Die Entscheidung der IRRC-Organisatoren die Superbike-Klasse 2026 nicht mehr auszuschreiben und sich stattdessen dem neuen Sportbike-Reglement zuzuwenden, wurde nicht nur beim Saisonfinale in Frohburg zuletzt rege diskutiert. Das IRRC-Management führt vor allem Sicherheitsrisiken und Kostenreduktion als Hauptgründe für die Abschaffung der Superbike-Kategorie innerhalb der Serie an. Die vorgelegten Pläne von IRRC und ESR für die Saison 2026 lassen erahnen was hinter den Kulissen passiert. Ausgerechnet bei den beiden Rennen der IRRC in Deutschland wird die ESR nicht mit am Start sein.

Die IRRC Superbike war ohne Zweifel der sportliche Höhepunkt bei Straßenrennen in Europa. Ob in Frohburg, Horice oder Imatra, wenn die Superbikes mit bis zu 300 km/h über den Landstraßen fegen, dann schlägt bei Fans und Fahrern das Herz schneller. Zumindest in Frohburg sind diese Zeiten nun vorbei. Von den Supersport-Motorrädern werden auf dem Straßendreieck „nur noch“ maximal ca. 270 km/h erreicht. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der Ort des traditionellen IRRC-Saisonfinales im September im Kalender der neuen ESR fehlt. Nach dem tödlichen Unfall von Luca Salvadori im Jahr 2024 hat der MSC Frohburger Dreieck schwere Zeiten durchlebt. Die Ermittlungen zur Unfallursache dauern nach wie vor an. Nach dem letzten Rennen am 21. September 2025 wurden mittels Beschluss der Staatsanwaltschaft die Streckensicherungselemente an der Unfallstelle des Vorjahres konfisziert. Maurizio Salvadori, der Vater des verunglückten Piloten, ist ein einflussreicher Musik-Manager (Trident Music) und Teamchef des Trident-Teams, welches Fahrzeuge in verschiedenen Formel-Nachwuchsserien unterhalb der Formel 1 einsetzt. Er hat nach dem Unfall seines Sohnes öffentlich angekündigt, die verantwortlichen Rennorganisatoren des Frohburger Dreiecks vor Gericht zu stellen. Was diese Ermittlungen, welche bis in den persönlichen Bereich der Betroffenen einwirken, bedeuten, kann sich jeder selbst vorstellen. Dass sich diese Personen vor dem Hintergrund trotzdem weiter für das Frohburger Dreieck einsetzen, ist in jedem Fall nicht selbstverständlich.

Sind wir ehrlich, im Fall der Fälle machen 30 km/h Spitzengeschwindigkeit oder etwa vier bis fünf Sekunden Zeitunterschied pro Runde für den Zuschauer nur einen kleinen Unterschied. Auch bleibt Road Racing mit Supersport- und Sportbike-Motorrädern gefährlich und Unfälle, auch tödliche, können vorkommen. Wo ist also der angesprochene Sicherheitsgewinn durch die Abschaffung der Superbikes in der IRRC?

Sicherheit

Dass einflussreiche Personen innerhalb des internationalen Motorradsportverbands FIM den Straßenrennsport am liebsten ganz verbieten würde, dürfte dem interessierten Fan in den letzten Wochen nicht verborgen geblieben sein. Ein Beschluss im September 2025 sorgte zuletzt dafür, dass internationale Rennen auf Straßenrennstrecken in Europa ab 2026 nicht mehr unter der Schirmherrschaft der FIM stattfinden werden. Eine unmittelbare Folge daraus war der Rückzug der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) vom Schleizer Dreieck. Wenn die Mühlen der ganz großen Politik mahlen, dann sind Serien- und Rennorganisatoren manchmal eben auch nur Zuschauer. Da geht es dem IDM-Serienmanagement, das sicher gern weiterhin Rennen vor 30.000 Zuschauern in Thüringen ausgetragen hätte, nicht anders als den ehrenamtlichen Organisatoren der IRRC.

Erno Kostamo

Bei aller Politik: Fakt ist, dass MotoGP- und Superbike-Motorräder inzwischen so leistungsstark sind, dass überschüssige Leistung durch Flügel in Downforce umgesetzt wird. Die durch Flügel generierten Luftverwirbelungen bergen Risiken, die selbst in der MotoGP schon zu Auffahrunfällen geführt haben, welche bisher zum Glück glimpflich ausgingen. Und gerade beim Windschattenfahren auf schnellen Straßenrennstrecken können diese schwer beherrschbaren Effekte ebenfalls auftreten und zu schweren Unfällen führen. In der MotoGP wird man die Flügel deshalb zur Saison 2027 per Reglement beschneiden, doch solange Serienmotorräder wie die BMW M1000RR mit Flügel homologiert sind, werden Superbikes weiter mit ihnen an den Start rollen.

Traktionskontrolle, Anti-Wheelie-Systeme und andere elektronische Fahrhilfen sind ein weiteres Thema, welches auf den ersten Blick vor allem mehr Sicherheit bringt, aber den Rennsport auch komplexer macht. Fallen diese Systeme aus oder werden sie gerade von privaten Teams im Amateurrennsport nicht immer vollumfänglich beherrscht, kann dies besonders bei den leistungsstarken Superbikes auf unebenen Straßenkursen schwerwiegende Folgen haben.

Ein Sicherheitsfaktor sind auch die Reifen. Gute Reifen bringen die 200 PS und mehr eines modernen Superbikes sicher auf die Straße, verschleißen aber auch entsprechend schnell und sind kostenintensiv, was uns zum nächsten Punkt bringt.

Kostenreduktion

Das Leistungsgefälle ist in der IRRC Superbike in den vergangenen 10 Jahren stetig größer geworden. Dabei sind es nicht nur die Fahrer, die den Unterschied machen. Vor allem in Sachen Material gab es enorme Veränderungen. Es ist eine Entwicklung, welche nicht nur die IRRC, sondern die Superbike-Kategorie generell betrifft und die sich auch nicht mehr umkehren lässt. In der Weltmeisterschaft tritt Ducati inzwischen mit der Panigale V4 an, statt wie traditionell mit einem V2-Motor. BMW ließ der S1000RR das Homologationsmodell M1000RR als Tracktool mit Straßenzulassung folgen. Kawasaki tut Ähnliches mit der Bimota KB998, welche lediglich noch den Kawasaki-Motor in einem für den Rennsport optimierten Rahmen verbaut hat. Derweil fällt die Kawasaki ZX10-RR hinter die Entwicklungen der Konkurrenz zurück. Aprilia hat sich mit der 1100 ccm großen RSV4 inzwischen sogar ganz von der Motorsportbühne verabschiedet, da das Modell aus dem 1000-ccm-Limit der Superbike-Klasse herausfällt. Zusammengefasst: Die Superbikes haben sich gerade in der zurückliegenden Dekade stark vom Ursprungsgedanken der modifizierten Großserienmotorräder weit entfernt. Die speziellen Homologationsmodelle sind im Verhältnis teurer geworden und besonders für den Straßenrennsport ungeeignet. Die Hürde für Motorsport-Amateure und Neueinsteiger ist zumindest in dieser Kategore nicht unerheblich.

Wettbewerb

Die IRRC Superbike wurde mit einem offenen Superbike-Reglement ausgetragen. Die ESR wird sich, nach allem was bis jetzt bekannt ist, stark an dieses Reglement anlehnen. Aus gutem Grund, denn alle denkbaren Kostenreduktionsmaßnahmen, wie mehr seriennähe, weniger Tuning und so weiter wollen auch kontrolliert werden. Nehmen wir das Beispiel Flügel. Diese neu hinzugekommenen „Features“ müssen bei der technischen Abnahme zusätzlich kontrolliert werden, ob sie ggf. in ihrer Größe unzulässig vom Reglement abweichen. Weniger Tuning oder Serienmotoren kann man vorschlagen, aber wer trägt dann den zusätzlichen Aufwand dies zu kontrollieren? Das heißt technische Nachkontrolle, Einsprüche verhandeln und – wenn nötig – Rennergebnisse korrigieren. Aufwand, den man sich gerade in einer ehrenamtlich organisierten Rennserie gern durch ein offenes Reglement spart.

Hier liegt dann auch ein wesentlicher Vorteil in den neueren, international gültigen Reglements der Supersport Next Generation und Sportbikes. Über eine Einstufung verschiedenster Motorräder, Hubräume und Zylinderzahlen per Software kann Chancengleichheit geschaffen werden und per Versionsnummer in den Daten kontrolliert werden. Eine effiziente Methode, die es so bei den Superbikes nicht gibt.

Letzte Zielflagge für Didier Grams

Die IRRC war schon immer ein Sprungbrett in die internationale Szene. Rennfahrer wie David Datzer, Erno Kostamo, Didier Grams, Lukas Maurer, Laurent Hoffmann, Pierre-Yves Bian, Amalric Blanc und viele weitere haben aus der Serie den Sprung zu internationalen Events in Nordirland, auf die Isle of Man oder zum Macau Grand Prix geschafft. Gerade als Einstieg und Sprungbrett für die internationale Szene eignen sich die Klassen Supersport und Sportbike besonders gut. Zu Beginn der Saison 2025 schrieb ich über das zurückgehende Interesse an der IRRC Superbike. Ein Fakt der mit Blick auf die Starterfelder der vergangenen Jahre so offenkundig ist, dass die ESR-Organisatoren um Laurent Hoffmann und Rob van Eijs, zwei aktive Piloten aus der IRRC Superbike, zuletzt verschiedene Ideen ankündigten. Ob diese jedoch ausreichen um die grundlegenden Probleme zu beseitigen bleibt abzuwarten. Das Lippenbekenntnis auch Neulinge in den Straßenrennsport bringen zu wollen steht zudem in starkem Kontrast zum angekündigten Meisterschaftslauf beim „North West 200“ nur wenige Tage nach dem Saisonauftakt in Hengelo. Man darf also gespannt sein wie sich die ESR in ihrer Premierensaison schlagen wird und wie die IRRC Sportbike in ihrem ersten Jahr angenommen wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Unsere Website verwendet Cookies. Indem Sie unsere Seiten weiterhin nutzen, erklären Sie sich damit einverstanden, dass Sie diese Daten zur internen Verwendung und zu Statistikzwecken zur Verfügung stellen.
Mehr Infos