Am zweiten August-Wochenende stand in Horice (v Podkrkonosi) in Tschechien der vierte von sechs Läufen zur International Road Racing Championship (IRRC) des europäischen Festlandes auf dem Programm. Seit 1936 werden im Städtchen im nordtschechischen Riesengebirgsvorland Rennen gefahren. Seit 1968 trägt das Rennen den Namen „300 Zatacek Gustava Havla / 300 Kurven des Gustav Havel“, benannt nach dem am 30. Dezember 1967 auf dem Weg zur Arbeit tödlich verunglückten tschechischen Motorrad-Nationalhelden und Grand-Prix-Fahrer Gustav Havel. Der ursprüngliche Name entstand aus der Tatsache, dass früher die Hauptklasse zwölf Runden auf dem 5,150 Kilometer langen Kurs absolvierte, wobei die Fahrer 312 Kurven zu durchfahren hatten.
IRRC Superbike: Schnelle Gaststarter – Tweed löst McLean an der Tabellenspitze ab
Der Meisterschaftsleader Adam McLean aus Nordirland fehlte in Horice. Wie er über sein Team mitteilen ließ aus familiären Gründen.
Im ersten Zeittraining blieb der im vorigen Jahr vom Deutschen David Datzer aufgestellte neue Rundenrekord von 2:11,843 Minuten noch unangetastet, doch im zweiten Qualifying knallte erst der IRRC-Champion von 2023 und diesmal nur als Gaststarter angetretene Lukas Maurer eine 2:11,688 hin. Diese unterbot der ebenfalls nur Gaststarter Erno Kostamo wenig später mit 2:11,403 (141,092 km/h). Neben dem Schweizer und dem Finnen qualifizierte sich der Deutsche Johannes Schwimmbeck für die erste Startreihe.
Zu Beginn des ersten Rennens setzten sich die beiden Rundenrekordbrecher vom Samstag a die Spitze und sogleich vom Feld ab, wobei Lukas Maurer knapp vor Erno Kostamo führte. In der dritten Runde machte Maurer einen Fehler und schenkte dabei Kostamo die Spitzenposition. Zwei Umläufe später hatte Kostamo einen Highsider, sodass Maurer kampflos wieder zur Führung kam. Fortan drosselte er das Tempo etwas, denn die durch Kostamos Sturz auf die Plätze zwei und drei nach vorn gespülten Markus Karlsson und Johannes Schwimmbeck hatten schon einen beträchtlichen Rückstand. So ging es auch ins Ziel, wo sich Schwimmbeck über das Punktemaximum freuen durfte, denn auch der Zweitplatzierte aus Schweden war lediglich als Gaststarter angetreten. Auf den Plätzen vier und fünf liefen die ebenfalls um die Meisterschaft kämpfenden Darryl Tweed aus Irland und der Belgier Laurent Hoffmann ein.


Das zweite Rennen musste Kostamo angeschlagen und mit dem Ersatzmotorrad in Angriff nehmen. Um es vorweg zu nehmen: es war ein chancenloses Unterfangen. Diesmal sahen die rund 30.000 Fans einen schönen Zweikampf bis zum Schluss, der allerdings vorzeitig endete. Der Schweizer Olivier Lupberger war gestürzt, woraufhin das Rennen per roter Flaggen abgebrochen wurde. Sieger wurde Markus Karlsson mit dem Stand der achten von zehn geplanten Runden, als er mit 0,195 Sekunden Vorsprung vor Lukas Maurer Start und Ziel passierte. Ob Lukas Maurer noch eine Schlussattacke geritten hätte, ist relativ unwahrscheinlich, denn anschließend klagte er, dass ihm von der ersten Runde weg wegen eines Technik-Problems keinerlei elektronische Fahrhilfen (TractionControl, Wheelie Control, Quick Shifter etc.) zur Verfügung standen. Andererseits war Markus Karlsson darauf vorbereitet, weil er Maurer immer knapp hinter sich gehört hatte. Johannes Schwimmbeck überquerte die Ziellinie erneut als Dritter, was gleich noch einmal 25 Meisterschaftspunkte für ihn bedeutete. Auch Darryl Tweed und Laurent Hoffmann sammelten als Vierter bzw. Fünfter per von Gaststartern bereinigtem Klassement reichlich Meisterschaftspunkte.
In der Tabelle ist Adam McLean mit seinen 120 Punkten auf Rang zwei hinter dem neuen Spitzenreiter Darryl Tweed zurückgefallen. Tweed hat aktuell 139 Zähler. Auf den Plätzen drei und vier folgen Laurent Hoffmann und Fredrik Matthys, ebenfalls aus Belgien, mit 115 bzw. 91 Punkten. Gesamtfünfter ist weiterhin der Deutsche Nico Müller, der nun 82 Punkte auf seinem Konto hat. Mit seinem doppelten Punktemaximum in Horice hat sich Johannes Schwimmbeck auf den sechsten Tabellenrang nach vorn geschoben, welchen er mit 72 Zählern punktgleich mit dem Finnen Anssi Koski einnimmt.



IRRC Supersport: Nächste Runde des Tschechen-Duells vor heimischen Fans
Bei besagter Abwesenheit von Adam McLean konnte in der Supersport-Klasse die Meisterschaft eine gegebenenfalls entscheidende Wendung nehmen.
Auch hierbei war das zweite Zeittraining am Nachmittag das schnellere. Bei diesem sicherte sich der Einheimische Petr Najman mit einer schnellsten Runde von 2:15,714 Minuten vor seinem Landsmann und dem Rundenrekordhalter (2:14,710 Minuten aus dem Mai 2025) Marek Cerveny die Pole Position. Auch bei den Supersportlern durfte mit dem eigentlich Ende letzten Jahres zurückgetretenen Wolfgang Schuster ein Deutscher vom dritten Startplatz aus losfahren.
Das erste Rennen prägten an der Spitze erwartungsgemäß zunächst Petr Najman und Marek Cerveny. Kurz nach Rennmitte des ebenfalls auf zehn Runden angesetzten Rennens stürzte Petr Najman, sodass Marek Cerveny anschließend leichtes Spiel zu seinem 21. Horice-Sieg hatte. Gary Johnson aus dem Vereinigten Königreich schaffte als Zweiter mit über 24 Sekunden Rückstand sein zweites Saisonpodest und als Dritter konnte sich der Schweizer Mauro Poncini über sein erstes IRRC-Podium freuen. Wolfgang Schuster und der als Supersport-Gesamtsiebenter angereiste Darryl Tweed schieden mit technischen Problemen aus. Bei Tweed handelte es sich sogar um einen kapitalen Motorschaden. „The engine blew up“, lautete seine Erklärung nach seiner Rückkehr ins Paddock.



Das zweite Rennen konnte er gar nicht bestreiten, denn nach seiner Fahrt in die Startaufstellung stellte er seine furchterregend klingende Yamaha vorsichtshalber ab. Nach dem Start formierte sich an der Spitze sogar eine Dreier-Gruppe, der neben den Lokalmatadoren Marek Cerveny und Petr Najman auch Gary Johnson einige Runden angehörte. In der zweiten Rennhälfte zerfiel die Dreier-Gruppe allerdings in ihre Einzelbestandteile, bis schließlich am Ende Marek Cerveny reichlich acht Sekunden bzw. knapp elf Sekunden Vorsprung auf Najman und Johnson hatte. Mauro Poncini wurde diesmal hinter dem weiteren Tschechen Matej Vit Fünfter. Wolfgang Schuster wurde Zehnter und war damit trotzdem nur zweitbester Deutscher hinter Rico Vetter auf Rang acht.
In der Meisterschaft hat Marek Cerveny mit seinem Doppelsieg die Gesamtführung von Adam McLean übernommen. Mit seinen nun 154 Punkten hat er deren 13 Vorsprung auf seinen Landsmann Petr Najmann, der ebenfalls an McLean vorbei ziehen konnte. Immerhin behielt McLean trotz Abwesenheit mit seinen unverändert 116 Punkten den dritten Tabellenrang. An ihn zumindest heran gerückt ist Gary Johnson, der nun auf 114 Zähler kommt.


Die verbleibenden zwei IRRC-Saisonläufe finden beide in Deutschland statt. Als nächstes geht es am 23. und 24. August auf das Schleizer Dreieck. Das Finale findet dann, wie üblich, auf dem Frohburger Dreieck statt, und zwar am 20. und 21. September.