1952 gab es einen Boom von Rennstrecken in Mitteldeutschland. Viele der damals gefahrenen Rennen kehrten nach nur einem Jahr nie wieder in den Rennsportkalender zurück. Darunter die Veranstaltungen in Bernburg, Pößneck und Colditz. Die 1463 Meter lange Strecke in Colditz war die kürzeste Rennstrecke im Rennkalender und der erste Rechtskurs (Rennrichtung im Uhrzeigersinn) im Osten.
Heute finden wir gemischte Verhältnisse vor. Rechtskurse sind Oschersleben, Hockenheimring und Nürburgring, während man am Sachsenring, EuroSpeedway Lausitz, sowie dem Schleizer und Frohburger Dreieck links herum fährt.
Das 1. Colditzer Waldbadrennen für Nachwuchs- und Ausweisfahrer sollte das Einzige auf diesem winkligen Stadtkurs bleiben. So lag auch die Tagesbestzeit nur bei 61,2 km/h, gefahren vom Erfurter 250er Ausweisfahrer Zinn auf einer NSU. Der Zwickauer Haberkorn drehte dagegen auf seiner DKW mit 64,2 km/h die schnellste Runde. In der kleinen Klasse bis 125ccm dominierten die IFA-DKW, während in der 350ccm-Ausweis-Klasse der Lokalmatador Rudi Juhrisch auf Norton eine Runde vor Werner Rosenbrock auf Jawa ins Ziel kam. Auch die Seitenwagenfahrer zeigten ihr Können. Wegener/Süß siegten ebenfalls mit Rundenvorsprung. Trotz der als hervorragend bezeichneten Organisation wurde kein weiteres Rennen in Colditz gefahren.
Hallo Herr Jordan,
beim Schwelgen in Erinnerungen erwischte ich zusammen mit meinem Bruder durch Zufall den Artikel vom 1.Colditzer Waldbadrennen 1952, was leider auch das einzige blieb.
Ich war damals 6 1/2 Jahre alt, erinnere mich aber recht gut an die Veranstaltung. Es herrschte ungeheure Aufregung in der Stadt vor diesem außergewöhnlichen Ereignis. So etwas wäre heute nicht mehr durchführbar und die einzelnen Rennläufe waren wirklich spektakulär. Neben den genannten drei Soloklassen wurde mindestens auch ein Gespannlauf absolviert. Dabei kam es wegen der engen Kurven, der minimalen Absicherung durch Strohballen an den erhöhten Bordsteinkanten zu Verletzungen. Ich erinnere mich an ein Gespann, bei dem sich der Beifahrer durch das extreme Herauslegen verletzte, die Motorradbrille voller Blut war, das Gespann aber bis zum Ziel durchhielt.
Für uns Kinder war bereits der Aufbau der Fußgängerbrücke am Sophienplatz eine Attraktion.
Unsere gesamte Familie war vom Fieber gepackt. Zuhause bei uns war der Rennleiter, der Herr, der die Zielflagge „bedient“, zur Übernachtung einquartiert. Er hörte extrem schwer und wir mussten uns alle sehr laut unterhalten, wozu meine Oma meinte, dass dies von den lauten Auspuffgeräuschen kommen würde.
Auf jeden Fall erinnere ich mich, dass wir dann 1953 ein eigenes Motorrad mit Seitenwagen, eine AWO 425 besaßen, mit der wir in den Folgejahren regelmäßig zum Zelturlaub gefahren sind. Später wurde daraus eine MZ BK 350 mit dem verbreiterten Stoye-Seitenwagen, bevor irgendwann der Umstieg auf ein Auto gelang.
Vielen Dank für den Artikel in Ihren Archiv.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfhardt Senf